Gisela Kronenberg
51373 Leverkusen

 

Deutscher Bundestag                                                                                                                       Petitionsausschuss                                                                                                                                                Platz der Republik 1   

11011 Berlin  

 

Petition zum geplanten Ausbau der A 1, A 3 und der Autobahnkreuze in der Stadt Leverkusen

 

Grund der Petition: Planung des Ausbaus der A 1, A3 und des Leverkusener Kreuzes ohne alle möglichen Varianten und ihre langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen für die Bevölkerung und die Umwelt gegeneinander abgewogen zu haben, zu berechnen und der Bevölkerung darzustellen.

Ziel der Petition:

  • Überprüfung der gesetzlichen Rechtmäßigkeit der Entwurfsplanung A1 (Köln Niehl/Merkenich – Westkreuz).

Durchführung einer abwägenden Machbarkeitsstudie mit Berechnung und Gegenüberstellung aller möglichen Varianten – folgende Varianten inkludierend:

  • Tunnel von Köln Niehl/Merkenich bis zum Bürgerbusch Leverkusen Alkenrath.
  • Tunnel vom Wasserturm in Leverkusen bis zum Bürgerbusch Leverkusen Alkenrath.                               –
  • Rheinquerung zwischen Hitdorf und Monheim A 542/54, Anschluss an die A 59 und die A 57 in Köln Worringen.
  • Verbreiterung der Autobahnen A 1 und A3 und des Leverkusener Kreuzes unter Berücksichtigung der zu erwartenden langfristigen Gesundheits- und Umweltkosten, ohne kurzfristige pekuniäre und wirtschaftliche Interessen zu präferieren.

„Adressat“ der Petition: Die Petition richtet sich gegen das Bundesverkehrsministerium und die untergeordneten Behörden.

Änderung eines Gesetzes: Einschränkung des gesetzlichen Widerspruchsrechts „Lex Leverkusen“ mittels  Änderung des § 17 e des Bundesfernstraßengesetzes durch den Bundestag.

Sehr geehrte Damen und Herren des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages,

nachdem der Bundestag das Bundesfernstraßengesetz dahingehend geändert hat, dass ein Widerspruchsrecht der Bürger auf eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für die gesamte Ausbaumaßnahme eingeschränkt ist (Ausbau der A1 Köln Niehl/Merkenich – Kreuz Leverkusen und  A 3 Köln Dellbrück – Leverkusen und des Leverkusener Kreuzes), wende ich mich an Sie.

Bedingt durch die Sperrung der maroden Rheinbrücke (A 1) für den Schwerlastverkehr ist es unabdingbar, dass schnellstmöglich eine bauliche Lösung für dieses Problem gefunden wird, um Dauerstaus und kilometerlange Umwege zur Rheinquerung für den LKW-Verkehr in naher Zukunft vermeiden zu können. Daher erschließt es sich mir, dass für den Abschnitt (allerdings nur A 1 Köln  Niehl/Merkenich – Leverkusen Westkreuz, A 59) das Widerspruchsverfahren mittels Änderung des Bundesfernstraßengesetzes („Lex-Leverkusen“) abgekürzt wurde.

Ich fühle mich – als unmittelbar von dem Projekt Betroffene – zunehmend „hilflos“ und befürchte, dass die Interessen der Stadt Leverkusen und ihrer Bevölkerung bei der Planung dieser baulichen Maßnahme nicht ausreichend berücksichtigt wurden und werden, besonders, weil das Widerspruchsverfahren nun auch auf die anderen Bauabschnitte erweitert wurde. Herr Dobrindt brüstete sich ob der Einschränkung eines Bürgerrechtes in der Presse: “Den möglichen Klageweg gegen die Planungen habe ich bereits auf eine gerichtliche Instanz konzentriert“. (Rheinische Post 27.10.2015)

Ich werfe der Planungsbehörde vor, sich über nachgewiesene drohende gesundheitliche Folgen und Umweltschäden zugunsten von kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen hinwegsetzen zu wollen. Wobei die negativen finanziellen Folgen  eines oberirdischen Ausbaus beider Autobahnen (oder einer kurzen, teilgedeckelten Tieflage der  A1 bis zum Kreuz) – allein in Bezug auf die Gesundheitsfürsorge und die Folgen für die Natur – langfristig die kurzfristigen Gewinne der Wirtschaft bei Weitem übertreffen werden.

Am 28.10.2015 wurde die Bevölkerung über einen Artikel in den örtlichen Medien „informiert“, dass das Bundesverkehrsministerium die Entwurfsplanung gemäß § 17e Bundesfernstraßengesetzes für den Bauabschnitt 1 (Köln Niehl/Merkenich, Rheinquerung, Westkreuz Leverkusen) genehmigt hat. Dies geschah in den letzten sechs Monaten nicht nur ohne Bürgerbeteiligung, sondern auch ohne die Gremien der Stadt Leverkusen, den Projektbeirat und das Dialogforum im Vorfeld zu informieren.

Eine Stelze oder einen kleinen Tunnel als Priorität zu setzen, damit hunderte Gefahrguttransporte ungestört Tag und Nacht über die Autobahnen quer durch Leverkusen fahren können, empfinde ich als ebenso empörend, wie  die grundsätzliche Weigerung, einen Tunnel zwischen Köln Niehl/Merkenich und dem Bürgerbusch,  zumindest in eine Planung als eine der Varianten mit einzubeziehen, um Machbarkeit, Kosten, Zeit, Landverbrauch, Natur- und Gesundheitsschäden neutral und fair –  für die Öffentlichkeit nachvollziehbar – gegeneinander abwägen zu können.    Ansonsten fällt man wissentlich eine Entscheidung gegen die Gesundheit der Anwohner für die nächsten Jahrzehnte, die dem Grundgesetz (Art 2 Abs. 2) genauso widerspricht, wie dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes (Rechtssache C-237/07), der jedem Bürger ein „Anrecht auf saubere Luft“ garantiert.

Bei Verkehrsplanungen in den Niederlanden zählt zuerst der Mensch und seine Gesundheit, während in Deutschland die Interessen der Wirtschaft und die der Bevölkerung gegeneinander „abgewogen“ werden müssen – wobei dann allzu häufig die Interessen der Wirtschaft obsiegen! Die Bürger der Stadt Leverkusen haben in den letzten Jahrzehnten die Abgase – besonders die hochgiftigen Ruße der Dieselfahrzeuge – wortwörtlich schlucken und inhalieren müssen. (Anlage 2) Es ist es an der Zeit, eine menschenfreundliche, gesundheitsfördernde, die Natur schützende Variante beim Autobahnausbau quer durch Leverkusen zu präferieren.

Da man sich bisher grundsätzlich weigerte eine  Machbarkeitsstudie für eine der Ausbauvarianten (Tunnel von Köln Niehl/Merkenich, zumindest aber vom „Wasserturm“ in Leverkusen bis zum Bürgerbusch in Alkenrath) zu erstellen, sollte überprüft werden, ob bei der Planung Abwägungsfehler begangen wurden/werden.

Ich erwarte, dass Sie sich dafür einsetzen, dass dem Schutz der Gesundheit, der Lebensqualität und der Natur bei der Planung dieses Großprojektes quer durch Leverkusen Vorrang eingeräumt wird.

„Die Infrastruktur sei das zentrale Nervensystem des Landes und die Brücken seien dabei die sensibelsten Punkte.“ (Herr Dobrindt laut Radio Leverkusen am 27.10. 2015).

Dem ist zuzustimmen, gerade deswegen stelle ich in Frage, ob die beschlossene Brückenvariante – bedingt durch notwendige Eingriffe in die Giftmülldeponie – tatsächlich in einem „relativ konfliktfreien Korridor“ liegt, denn der Eingriff in die Deponie um zusätzliche  Stützen/ Pfeiler und Fundamente zu bauen, könnte durchaus zu einer Grundwasserverunreinigung führen und somit auch zu einer schweren Verunreinigung des Rheins.

Dies allerdings auch bei gleichzeitiger Fragestellung, warum die Bevölkerung der Stadt Leverkusen nun die Folgen der jahrelangen Versäumnisse ertragen soll? Denn Materialschäden und Konstruktionsfehler waren an der Brücke bereits über einen längeren Zeitraum allgemein bekannt. Das Großprojekt wird über viele Jahre – bei Durchführung wie zurzeit geplant –  während der Bauphasen zu chaotischen infrastrukturellen Zuständen im Leverkusener Stadtgebiet führen und in den kommenden hundert Jahren Einfluss auf die Lebensqualität und die Gesundheit auch meiner Kinder und Enkelkinder haben.

Sicher muss jeder zum Wohle der Allgemeinheit bereit sein, persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, dann ist aber – im Umkehrschluss – die Allgemeinheit ebenso verpflichtet, diese Nachteile so gering wie möglich zu halten.                                                                                                                                                   Sollte es sich – zugunsten eines notwendigen, zügigen Ersatzneubaus der Rheinbrücke – als zwingend notwendig erweisen, eine Doppelbrücke über den Rhein  zu errichten, muss bei den nächsten Bauabschnitten dem Schutz der Bevölkerung, der Tierwelt und der Natur in Leverkusen eine besondere Priorität eingeräumt werden.

Diese Petition wird unterstützt von  NABU und BUND Leverkusen.

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Anlagen :      1 Fakten, 2 Feinstaub, 3 Lärm

Anlage 1

Fakten zur Petition

               Ist – Zustand

  • Jedem, der den Stadtplan von Leverkusen anschaut, erschließt sich sofort, wie stark besonders die Autobahnen quer durch die Stadt das Leben der Leverkusener Bürger im negativen Sinne beeinträchtigen.
  • Die Stadt Leverkusen wird seit vielen Jahrzehnten von drei Bundesautobahnen (A 1, A3, und  A 59), dem Westkreuz, dem Leverkusener Kreuz und zwei Bahnstrecken zerschnitten. Die A 1 führt auf einer „Stelze“ quer durch die Stadt.
  • Während die A 1 ein Verkehrsaufkommen von täglich mehr als 120 000 Fahrzeugen aufweist – davon bis zur Sperrung der A 1 Brücke 14 000 LKW – hat die A 3 zurzeit ca. 160 000 Fahrzeugbewegungen täglich aufzuweisen.
  • In den letzten Jahren staut sich der Verkehr zunehmend, was weder für die Autofahrer, noch für die Wohnbevölkerung, deren Häuser z.T. weniger als 50 Meter von den Autobahnen entfernt liegen, und auch für die städtische Umgebung und Infrastruktur auf die Dauer zuträglich sein kann.
  • Die Verkehrsprognose sagt aus, dass sich das Verkehrsaufkommen in den kommenden Jahren noch um mindestens 20 % (LKW 30%) steigern wird.
  • Daher wurde beschlossen, die Autobahnen zum Teil um das Doppelte der jetzigen Fahrbahnen zu erweitern.

 

Bisherige Planung durch Straßen NRW  

  • Man beauftragte Straßen NRW mit der Planung des Großprojektes, welches mit mindestens 15 Jahren Bauphase – bautechnisch, infrastrukturell und mit vermehrten zusätzlichen Emissionen und  Immissionen – das Leben der Leverkusener Bürger extrem beeinflussen wird.
  • Zurzeit plant man – unter Einschränkung des Widerspruchrechts – möglichst schnell eine Doppelbrücke (A 1) über den Rhein zu bauen und arbeitet an einer Machbarkeitsstudie, die A 1, die Kreuze und die A3 betreffend.
  • Statt alle Möglichkeiten (sog. Varianten) im Vorfeld durchzuplanen, durchzurechnen und öffentlich bekannt zu machen, galt es von vornherein als beschlossen, dass nur eine Doppelbrücke über den Rhein möglich ist.
  • Man war bei Straßen NRW bisher nicht bereit, bei der Planung verstärkt auf die Interessen der Stadt Leverkusen und ihrer – schon genug gebeutelten –  Bevölkerung einzugehen.
  • Bisher hat man die Bevölkerung zwar mit mehreren Informationsveranstaltungen und drei  Informationszeitschriften „Dialog“ informiert. Bei den Veranstaltungen wurden aber nur die Varianten als machbar vorgestellt, für die Straßen NRW im Vorfeld eine Machbarkeitsstudie erstellt hatte. Weder für einen großen Tunnel unter dem Rhein ab Köln Niehl/Merkenich bis zum Bürgerbusch (wobei die Bayer-Deponie nicht angetastet würde), noch für einen Tunnel ab dem „Wasserturm“ in Leverkusen bis zum „Bürgerbusch“ in Alkenrath wurde bis heute eine Machbarkeitsstudie erstellt.
  • Statt die Möglichkeit, die A 1 für den Durchgangsverkehr in einem südlichen Tunnel unter der Stadt bis zum „Bürgerbusch“ (vergl. Das „Grüne Band“ in Maastricht) als eine Planungsvariante in Betracht zu ziehen, hat man bisher nur die „kleine Variante“ – einen kurzen Tunnel bis vor das Kreuz – geprüft.
  • Zum „Dialogforum“ und „Planungsbeirat“ gewährt man „normalen“ Bürgern keinen Zutritt. Hier treffen sich Vertreter der Stadt, der Wirtschaft, anderer Organisationen und einer Bürgerinitiative.
  • Inzwischen ist die Planung eines kleinen Tunnels (Wasserturm-Kreuz Leverkusen) über eine „Troglage“ – sicher auch wegen bautechnischer Probleme (maximales Gefälle, Untertunnelung von Bahngleisen und einer Hauptverkehrsstraße) – einer „teilgedeckelten Tieflage“ gewichen.
  • Selbst für diese „Variante“, die keine Lösung für die zu erwartenden Lärm-, Feinstaub- und Stickstoffemissionen darstellt, besteht die Gefahr, dass diese zugunsten einer – mindestens zwölfspurigen – „Monsterstelze“ quer durch die Stadt verworfen wird.

 

Folgen für die Anwohner und die Stadt Leverkusen

  • Die Baumaßnahme wird zu jahrelangen chaotischen Verkehrssituationen und einem teilweisen Zusammenbruch der Infrastruktur in der Stadt führen, da man beabsichtigt, den Autobahnverkehr zeitweise über innerstädtische Straßen umzuleiten.
  • Zudem ist eine Andienung der jeweiligen Bauabschnitte mittels Baustraßen und deren Anschluss an das städtische Verkehrsnetz – sicher mit hohen Folgen auf die innerstädtische Infrastruktur – zumindest zeitweise geplant.
  • Man plant sogar Buslinien und somit die Andienung an den ÖPNV für die Bevölkerung umzulegen.
  • Inwieweit man die Anwohner vor Emissionen während der Bauphasen – die ja einige Jahre dauern können – schützen kann, hat sich mir bisher noch nicht erschlossen.
  • Die gesundheitliche Beeinträchtigung der Bevölkerung (Belastung durch Feinstäube, Stickoxide, Ruß und Lärm) und somit die gesundheitlichen Folgekosten in den kommenden Jahrzehnten, sind bei einer „menschenfreundlichen“ Planung zumindest erheblich minimierbar. (Anlage 2+3)
  • Wobei man schon heute genau weiß, dass die momentan geltende Lärmschutzverordnung (schon gar nicht die kommende Europäische!) planungstechnisch – besonders nachts – nicht eingehalten werden kann, genau so wenig, wie die für die Stickoxide. (Anlage 3)
  • Des Weiteren wird die Gefahr, die von den Feinstäuben ausgeht, unterschätzt: Zwar haben deren Umfang und Gewicht in den letzten Jahren abgenommen, aber keinesfalls deren Gefährlichkeit. Wobei die Forschung über die Gefahren, die von lungen – und nasengängigen Nanopartikeln ausgeht, noch „in den Kinderschuhen steckt“. (Anlage 2)
  • Durch den Bau eines „großen/mittelgroßen Tunnels“ ständen wieder mehr Flächen zur Begrünung und zur Nutzung für Freizeitaktivitäten innerhalb der Stadt zur Verfügung.
  • Mit der Planung eines Tunnels ab dem Wasserturm (A 1) ergäbe sich Möglichkeit, die optische, räumliche und infrastrukturelle Teilung der Stadtviertel aufzuheben, so dass Stadtteile wieder „zusammenwachsen könnten“.
  • Die Baumaßnahmen bezahlen besonders die Anwohner, die schon jetzt – im Planungsvorfeld – einen Wertverlust ihres Eigentums hinnehmen müssen.

Fragen

  • Warum ist man besonders an einer möglichst schnellen, preiswerten, die Wirtschaft präferierenden, „Variante“ interessiert? Wobei die Behauptung, dass Gefahrguttransporte Tunnel wegen Gefährdung der Sicherheit nicht nutzen dürfen, widerlegbar ist.
  • Wurden alle Richtlinien für die Anlagen von Autobahnen (RAA) eingehalten?
  • Ist das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie tatsächlich umweltverträglich?
  • Hat man das Umweltrisiko welches von einem Eingriff in die Giftmülldeponie zur Verbreiterung der A 1 mit all seinen möglichen Auswirkungen (Grundwasserverseuchung, Verseuchung des Rheinwassers) in ausreichendem Maße berücksichtigt?
  • Wurden alle „sinnvollen Varianten“ in „relativ konfliktfreien Korridoren“ neutral auf ihre Durchführbarkeit untersucht?
  • Wurden/werden die Auswirkungen der künftigen Autobahntrassen auf das Umfeld in ausreichendem Maße berücksichtigt?
  • Hat man/Wird man die Folgekosten für die Volkswirtschaft (Gesundheit, Natur, Lebensqualität) während der Bauzeit und nach der Fertigstellung fair gegeneinander abgewogen/abwiegen?
  • Der „Wirtschaft“ scheint jedes Mittel recht zu sein um Einfluss auf das „Wie“ des Autobahnausbaus zu nehmen, selbst wenn die langzeitigen negativen Folgen für Natur und Gesundheit mit Sicherheit bekannt sind.                                                                                                                                           Der „Markt“ wird dann schon – wieder „gewinnbringend“ – die benötigten Medikamente anbieten.
  • Lässt sich das „soziale Gewissen“ der Industrie – welches im letzten Jahrhundert durchaus noch vorhanden war – inzwischen auf den Börsenkurs eines Unternehmens reduzieren?
  • Gleichzeitig ist zu hinterfragen, warum die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Leverkusen – trotz „starker Wirtschaftsstruktur“ – in den letzten Jahrzehnten auf das Niveau einer „mittleren, kreisangehörigen Kleinstadt“ gesunken sind. (Leverkusener Anzeiger, 03.11.2015)
  • Ist man nach dem Bau der Doppelbrücke und dem Anschluss an das  Westkreuz tatsächlich bereit – wie von Straßen NRW behauptet – zwischen 200 – 400 Meter neu errichteter Autobahn zugunsten eines Tunnels ab dem Wasserturm wieder abzureißen?
  • Schafft man mit dem Bau der Doppelbrücke, des Westkreuzes und anschließend des Kreuzes „Zwangspunkte“, die anschließend nur noch eine 12spurige Stelze zulassen?
  • Wie ist es möglich, bei der „Enge“ in der Stadt, die gesetzlich festgelegten Abstandsflächen einzuhalten, ohne z.B. mit den schon bestehenden Abstandsflächen der BayArena und anderen Gebäuden in Konflikt zu geraten?
  • Hat man bei jeder Planungsphase die Bürger der Stadt Leverkusen – besonders die Anwohner – in ausreichendem Maße informiert und beteiligt?
  • Sind die Ausgleichsflächen für den Naturverbrauch (Naturschutzgebiet Köln Merkenich, Dhünnaue Leverkusen FFH1) als ausreichend anzusehen?
  • Welche Renaturierungsmaßnahmen sind nach Abschluss der Baumaßnahme eingeplant?
  • Wenn sich eine Planung als nur schwer durchführbar und als schädlich für Mensch und Umwelt erweist, ist ein flexibles Handeln und ein Umdenken eine logische Folge. Warum zieht man daher nicht zumindest die schon in den 70iger Jahren geplante Rheinquerung zwischen Hitdorf und Monheim mit Anschluss an die A57 – bei schon in der Landschaft stehenden Pfeilern – in eine Planung mit ein? Das müsste natürlich unter dem größtmöglichen Schutz der Natur geschehen.

Anlage 2

Belastung der Anwohner durch Feinstaub und Stickoxide an verkehrsreichen Straßen und an der Autobahn

Was ist Feinstaub?

Um das Feinstaubproblem und seine Folgen für die Bevölkerung auch nur im Ansatz verstehen zu können, ist es notwendig sich die Dimension von Mikrometer und Nanometer zu verdeutlichen:            Ein tausendstel Millimeter ist ein Mikrometer                                                                                                    Ein tausendstel Mikrometer entspricht einem Nanometer

Während der Begriff Mikrometer bisher in gesetzlichen Verordnungen überwiegend Verwendung findet, ist es notwendig – um das Feinstaubproblem überhaupt verdeutlichen zu können  – den Begriff Nanometer zu verwenden.

Feinstaub besteht aus einer großen Anzahl unvorstellbarer kleiner Partikel, deren Zusammensetzung sehr unterschiedlich ist.

Die Anzahl der groben Partikel (bis zu 1000 Nanogramm schwer) in der Luft – die aus mechanischem Abrieb (z. B. Reifen, Bremsen, Kupplung, Straßenbelag, Aufwirbelungen vom Straßenrand) stammen  – ist in den letzten Jahrzehnten erheblich zurückgegangen, ebenso wie das Gewicht der gemessenen Staubmasse. Sie sind ausreichend schwer, um durch ihr Eigengewicht schnell zu Boden zu sinken und werden nach dem Einatmen überwiegend schon in der Nase „ausgefiltert“.

Es sind die ultrafeinen Partikel  (unterhalb von 100 Nanometern), die für den Menschen gefährlich sind. Sie entstehen ausschließlich bei Verbrennungsprozessen (z.B. unvollständige Verbrennung von Brenn- und Treibstoffen) und haben Eigenschaften, die mit denen von Gasen vergleichbar sind. Daher haben sie eine hohe Beweglichkeit und Reaktionsbereitschaft und verbinden sich mit anderen in der Luft befindlichen Partikeln (Agglomeration) Durch die Verklumpung von Abgasen wachsen die kleineren zu größeren Partikeln heran (aus gasförmigen Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxide, die sich zu Nitratpartikeln verbinden, Methan, Ammoniak und flüchtige Kohlenwasserstoffen). Ihre Größe ist  im Bereich von 100 – 1000 Nanometern und sie bleiben bis zu einer Woche „in der Schwebe“, bis sie sich ablagern. Für diese Partikel ist die Zahl der geeignete Maßstab, nicht aber ihr Gewicht. Leider hat in den letzten Jahren genau diese Zahl nicht abgenommen, sondern ihre Menge ist sogar größer geworden.

Feinstaub setzt sich aus einer Vielzahl chemischer Verbindungen zusammen, wobei besonders die im Durchmesser nur 100 Millionstelmillimeter kleinen Rußpartikeln zu erwähnen sind, weil sie durch ihre stark zerklüftete Struktur die Anlagerung von Substanzen, wie die krebserzeugenden, hochgiftigen aromatischen Kohlenwasserstoffe ermöglichen.

In stark belasteten Gebieten nimmt der Mensch mit jedem Atemzug etwa 50 Millionen Partikel auf – in schwach belasteten Gegenden sind es etwa zehn Mal weniger.  Je kleiner die Partikel sind, umso tiefer dringen sie in die feinsten Verästelungen der Lunge ein und gelangen von dort aus in die Lymph- und Blutbahnen. (vergl. BUWAL: Feinstaub macht krank)

 

Klassifizierung

Jede Art von Feinstaub ist in der Umgebungsluft oberhalb der natürlichen Belastung schädigt den menschlichen Organismus. Feinstaub unterscheidet sich daher von anderen Schadstoffen, wie Schwefeldioxyd, oder Stickstoffdioxyd – bei denen eine Konzentrationsschwelle/Belastungsschwelle angegeben werden kann – grundlegend.

Das Gesundheitsrisiko hängt davon ab, wie tief die Staubpartikel in den Körper eindringen. Die Partikelgröße beeinflusst nicht nur den Ort der Ablagerung, sondern auch die Art der Schadwirkung.

In Amerika hat man die die Kennwerte nach der Eindringtiefe der Feinstaubpartikel in den menschlichen Körper klassifiziert:

Grobe Partikel (10.000 – 2.500 Nanometer) bleiben bereits in den oberen Atemwegen stecken.

Kleine Partikel (2.500 – 100 Nanometer) können in das Lungengewebe vordringen.

Ultrafeine Partikel (< 100 Nanometer Durchmesser) werden von den Lungenbläschen nicht vollständig zurück gehalten und passieren „die Membran“ die die Lungenbläschen von den Blutgefäßen trennt und das Blut mit Sauerstoff versorgt. Sie werden auch als „lungengängig“ bezeichnet. Sie werden im Blutstrom weiter getragen, überwinden auch die Gehirnschranke und wirken so in allen Organen des menschlichen Körpers. Sie regen das Immunsystem des Körpers an, zeigen Reaktionen, wie Verdickung des Blutes und verursachen somit ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Ein anderer gesundheitsgefährdender Effekt ist, dass sich an der Oberfläche der Feinstaubpartikel Schwermetalle oder Krebs erzeugende Kohlenwasserstoffe anlagern. Je kleiner die Partikel sind, desto tiefer können sie in den menschlichen Körper gelangen – nach neuesten Erkenntnissen gelangt Ultrafeinstaub auch über den Riechnerv ins Gehirn und man vermutet, dass es die Nanopartikel sind, die  Parkinson, Chorea Huntington und Alzheimer auslösen.

Stadtluft enthält ca. 10 Millionen Partikel pro Liter – und wir atmen täglich ca. 15.000 Liter Luft ein.

Während im Gebirge die Partikelkonzentration  bei 1000 Partikeln pro cm³ liegt, liegt sie in ländlichen Regionen bei 2000 – 4000 Partikeln. In städtischen Wohngegenden findet man dann schon 10.000 -14. 000 Partikel pro cm³ und an verkehrsreichen Straßen 20.000 – 30.000 Partikel pro cm³. Für die Erscheinung Smog – aus dem Englischen Smoke (Rauch) und Fog (Nebel) – ist eine Konzentration von mindestens einer Million pro cm³ notwendig. (Vergl. Feinstaubbelastung in Autobahnnähe und ihre Folgen)

Es ist empfehlenswert die Luftwerte der beiden Leverkusener Luftmessstationen an der Gustav- Heinemann-Straße und am Manforter Friedhof im Laufe eines Tages und an mehreren Tagen hintereinander zu vergleichen. (Eingabe: LANUV – Infosysteme – Messwerte – Messwerte Luft). Die Messstation am Manforter Friedhof hat dazu noch ihre eigene Geschichte. Sie wurde Anfang dieses Jahrtausends aus der Fridtjof-Nansen-Straße (im Autobahnkreuz Leverkusen und an der Bismarckstraße) aus „unerfindlichen“ Gründen an den Manforter Friedhof versetzt. Wobei an der Leverkusener Luft dann über Jahre nicht mehr viel auszusetzen war. Seit man allerdings in den letzten Monaten auch an der Gustav-Heinemann-Straße misst (Hauptverkehrsstraße + A3), kann man eklatante Unterschiede feststellen.

Gesundheitliche Folgen

Besondere Auswirkungen hat die Feinstaubbelastung auf Kinder: Schon während der Schwangerschaft können über das Blut der Mutter Partikel in den Zellkern gelangen welcher die Erbsubstanz enthält. Verzögertes Wachstum im Mutterleib, Frühgeburten sowie vermindertes Geburtsgewicht sind die Folgen erhöhter Feinstaubbelastung während der Schwangerschaft (Meier: Feinstaub, Grenzwerte bieten keinen perfekten Schutz). „Ein Leben an der Autobahn hemmt die Entwicklung der Lunge bei Kindern. Kinder die näher als 500 Meter an einer großen Straße wohnen, haben einer Studie zufolge als Erwachsene größere Defizite in der Lungenfunktion als Kinder deren Zuhause 1500 Meter oder weiter von einer Autobahn entfernt steht.“… „Da die Entwicklung der Lunge mit 18 Jahren fast abgeschlossen ist, ist es wahrscheinlich, dass ein Mensch mit einem Defizit in diesem Alter ein Leben lang unter einer verminderten Lungenfunktion leiden wird. Eine verminderte Lungenfunktion kann zu Asthma sowie anderen Atemwegerkrankungen führen und die Lebenserwartung verkürzen“ (Fachartikel- Identifikationsnummer: DOI:10.1016/S0140-6736(07)60037-3). „Kinder, die nahe an einer Autobahn wohnen, erleiden häufiger Asthmaanfälle, der permanente Reiz durch Husten und Auswurf verengt die Atemwege und führt zu Bronchitis, Infektionskrankheiten und Atemnot.“ (BUWAL: Feinstaub macht krank)  „Feinstaub und Stickstoffoxide können zudem eine Reihe von chronischen Wirkungen verursachen. So konnte nach langfristiger Belastung … eine Zunahme der Häufigkeit von Bronchitis bei Schulkindern, chronischer Bronchitis bei Kindern mit diagnostiziertem Asthma und Lungenfunktionsverschlechterung bei Schulkindern festgestellt werden. (LANUV, Gesundheitliche Wirkung… S. 22) „Eine Studie ergab, dass bei Kindern, die vermehrt Feinstäuben ausgesetzt waren, eine höhere Insulinresistenz vorlag. Luftschadstoffe aus Autoabgasen seien unterschiedlich giftig. Aber alle könnten mit Fetten und Eiweißen im Körper reagieren. … Die Resultate unterstützen aber die These, dass die Entwicklung eines Diabetes im Erwachsenenalter mit Umweltfaktoren in einem früheren Lebensabschnitt zusammenhängt.“ (Spiegel online 13.05 2013: Luftverschmutzung könnte Risiko für Diabetes erhöhen)

Wer an einer viel befahrenen Straße lebt, stirbt laut WHO (Weltgesundheitsorganisation), in Deutschland 10,2 Monate früher. PM 10 und NO2 (Stickstoffoxid, Folge: saurer Regen) sind in Verbindung mit verkehrsbedingten Gesundheitseffekten zu sehen. Studien weisen eine Assoziation zwischen einer Erhöhung der NO2 Belastung und einer Zunahme der Gesamtsterblichkeit nach. „Daher muss von einer Verkürzung der Lebenszeit auf die gesamte betroffene Bevölkerung auch durch nur kurzzeitige Erhöhungen von Feinstaub ausgegangen werden.“ (Landesamt für Natur, Umwelt Und Verbraucherschutz NRW, Oktober 2010: Gesundheitliche Wirkung von Feinstaub und Stickstoffoxid im Zusammenhang mit der Luftreinhaltung)

Feinstaub und Stickoxid führen nicht nur zu einer Zunahme von Erkrankungen der Atemwege und Herz-Kreislaufbeschwerden. Bei der Auswertung einer Studie (an 5000 Frauen aus dem Münsterland und dem Ruhrgebiet) stellte sich heraus, dass die Sterblichkeit von Frauen, die an einer Hauptverkehrsstraße wohnten, um 40 % erhöht war. Das Risiko an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu sterben steige sogar um 80% (vergl. Die Welt 02.10.2011: An der Hauptstraße wohnen macht krank).

Der Wissenschaftsjournalist Dr. Christian Meier schrieb (Feinstaub: Grenzwerte bieten keinen perfekten Schutz), dass bereits niedrige Dosen Feinstaub Krebs erzeugen – jeder Anstieg um zehn Tausendstel Gramm pro m³ Luft erhöhe das Lungenkrebsrisiko um 22%.  Bei einem Anstieg der Feinstaub-Konzentration um fünf Tausendstel Gramm pro m³ Luft waren 33% mehr Schlaganfälle zu beklagen. Husten, Atemnot (hier besonders die „Modekrankheit“ COPD), Bronchitis und Asthmaanfälle und die Wahrscheinlichkeit an Bluthochdruck zu erkranken sind ebenso einem Mehr an Feinstaub anzulasten. Inzwischen verdichten sich – so Meier – die Hinweise, dass Feinstaub über die bisher angeführten Krankheiten eine weit größere Schadwirkung habe. Langzeitstudien weisen laut WHO darauf hin, dass auch Arteriosklerose und schädliche Einwirkungen auf das Nervensystem eine Folge sein können. Feinstaub führt zu Entzündungen im Gewebe und auch an den Gehirnzellen. Auch Nierenschäden, Durchblutungsstörungen, plötzlicher Herztod, Verkalkung der Herzkranzgefäße, Diabetes und Allergien sind laut LANUV (Gesundheitliche Wirkungen…) auf eine erhöhte Feinstaubbelastung zurückzuführen.

Des Weiteren ist vor allem die Immunabwehr von Risikogruppen, wie Kinder, Kranke und ältere Menschen, einem Dauerstress ausgesetzt, und es kommt häufiger zu vorzeitigen Todesfällen. Eine Reduzierung der Immissionsbelastung um 10 Mikrogramm  pro m³ würde in Bezug auf die Gesamtmortalität in NRW allein 8.303 Todesfälle vermeiden helfen (Quelle LANUV, Gesundheitliche Wirkungen…).

Fazit

Um die Leverkusener Bevölkerung in Zukunft vor Feinstaubimmissionen, Stickstoffoxiden und Lärm  besser schützen zu können ist es unabdingbar die A1 und in einen Tunnel unter der Erde bis hinter das Autobahnkreuz zu verlegen: „Jede Maßnahme zur Reduzierung dieser Belastung ist daher für die Gesundheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen von großem Nutzen.“ … Eine Verringerung der bestehenden Immissionsbelastung durch- Feinstaub- und Stickstoffoxid insbesondere in Ballungsgebieten und der näheren Umgebung von Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen ist daher dringend anzustreben.“ (LANUV Gesundheitliche Wirkung…)

Besonders gefährdet seien Anwohner von Hauptverkehrsstraßen. Dort liege die Sterblichkeit deutlich höher, als an verkehrsarmen Straßen, wie eine neue Langzeitstudie des Umweltministeriums zeige. „Das sind alarmierende Fakten, die uns unter Handlungszwang setzen“, sagte Remmel (Minister für Umwelt… NRW). Der Gesundheitsschutz müsse oberste Priorität erhalten. (Die Welt: An der Hauptstraße wohnen macht krank)

In  Leverkusen bietet sich im Rahmen des geplanten Ausbaus der Autobahnen und des Kreuzes die einmalige Gelegenheit umweltgerecht, verantwortungsvoll und gesundheitsfördernd planen und handeln zu können. Es ist an der Zeit die Chance wahr zu nehmen  und bürgernah zu entscheiden um die Gesundheit der Bürger dieser Stadt effektiv zu schützen.

Jede andere Entscheidung wird gegen den Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes verstoßen:

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

Zusammengestellt von Gisela Kronenberg (März 2015)

Literatur

  1. www.risikoblog.de/hintergrund/feinstaub-grenzwerte

Dr. Christian Meier Feinstaub: Grenzwerte bieten keinen perfekten Schutz, 27.09.2013

  1. www.stern.de/gesundheit/lungenentwicklung

Gefährliches Leben an der Autobahn

  1. www.welt.de/wissenschaft/article10690212

An der Hauptstraße wohnen macht krank, 02.11.2010

  1. www.buwalshop.ch Code DIV-5012-0

Feinstaub macht krank

  1. www.sueddeutsche.de/gesundheit/2.220

Gefährliche Eindringlinge, 27.09. 2012

  1. www.upi-institut.de/feinstaub

Feinstaub, 23.02.2015

  1. www.spiegel.dewissenschaft/medizin/kinder-studie

Luftverschmutzung könnte Risiko für Diabetes erhöhen, 13.05.2013

  1. www.lanuv.nrw.de

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Gesundheitliche Wirkungen von Feinstaub und Stickstoffoxid im Zusammenhang mit der Luftreinhalteplanung, Oktober 2010

  1. Wolfgang Schwämmlein, Feinstaubbelastung in Autobahnnähe und ihre Folgen. 13.03. 2013
  2. Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

 


Anlage 3

Lärm an Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen – gesundheitlichen Folgen

„Lärm ist nach Luftverschmutzung Krankmacher Nummer 2“  (5)

„Der Lärmminderung wird allmählich die gleiche Bedeutung beigemessen, wie der Luftreinhaltung“ (10)

„Lärm ist als Umweltgift immer noch unterbewertet“ (11)

„Eines Tages wird der Mensch den Lärm genau so unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest“. (Robert Koch)

Was ist Lärm – wie wird er wahrgenommen?

Lärm – besonders Straßenlärm – ist heutzutage eines der größten Umweltprobleme, dessen gesundheitlichen Folgen immer noch nicht genügend Beachtung entgegen gebracht wird.  „60% der Bevölkerung fühlen sich von Straßenlärm gestört, 12% sogar stark oder äußerst stark. 16% der Deutschen sind … Belastungen ausgesetzt, die gesundheitliche Folgen wie die Erhöhung des  Herzinfarktrisikos mit sich bringen.“ (1)

Lärm wird immer subjektiv empfunden, denn es hängt von der Lärmquelle und der persönlichen Einstellung zu ihr ab, ob man den Lärm überhaupt als Belästigung empfindet. So setzen sich Menschen bewusst gesundheitlich bedenklichen Schalldruckpegeln in Diskotheken oder bei Open Air Konzerten aus, oder sie fühlen sich in ihrer Kleingartenkolonie neben der Autobahn offensichtlich wohl. Wobei man sich – entgegen vielfacher Meinung – an Lärm nicht gewöhnen kann. „Der Blutdruck steigt, egal ob man vom Lärm aufwacht oder nicht, die Zellen erholen sich nicht richtig und Erholungsphasen werden beeinträchtigt. (vergl. 2 und 9) „Mit Lärm vor dem Schlafzimmerfenster dauert es länger bis zum Einschlafen und Erreichen der Tiefschlafphase, die Gesamtschlafzeit wird verkürzt und man wacht morgens wie „gerädert“ auf“. (5)

Während man die Augen schließen kann, sind die Ohren – auch im Tiefschlaf – immer aufnahmebereit. Dies ist eine Folge der Steinzeit, als die Höhlenbewohner jederzeit mit Gefahren rechnen mussten. Sie waren ständig fluchtbereit und auf der Hut. Daher reichen schon etwa 55 Dezibel tagsüber und 40 Dezibel nachts um unseren Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen und den Pulsschlag zu erhöhen. (8)

Die Maßeinheit, in der gemessen wird, ist Dezibel (dB), ein mit einem Filter gemessener Schallpegel, der dem menschlichen Hörvermögen entspricht, wird mit (A) bezeichnet. Die Wahrnehmung des Ohres folgt einem logarithmischen Verhältnis der Schalldrücke. Eine Verdopplung des Schalldrucks (physikalisch) entspricht einer Erhöhung um 3dB(A). Um dies zu verdeutlichen ein Beispiel: Eine Maschine erzeugt einen Schalldruckpegel von 80 dB(A) – wird die gleiche Maschine nochmal daneben aufgestellt, hat man einen doppelten Schalldruck, der Pegel erhöht sich um 3 dB(A). Das Fatale am Lärm ist, dass er logarithmisch ist, d.h. dass eine Zunahme um 10 Dezibel subjektiv als eine Verdoppelung des Lärms empfunden wird – wobei das Gehör sogar um mehr als das 8-fache geschädigt wird.

 

Die 16. BlmSchV weist zulässige Immissionsgrenzwerte für den Straßenverkehr aus, die nicht überschritten werden dürfen:                                                                                   Tag                Nacht

An Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen, Altenheimen                                   57 dB(A)       47 dB(A)

In reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedungsgebieten         59 dB(A)        49 dB(A)

In Kern-, Dorf- und Mischgebieten                                                                         64 dB(A)        54 dB(A)

„Ach, die Grenzwerte, stöhnt der Umweltpsychologe Rainer Guski, von der Ruhr Universität Bochum. Das sind politische Werte, keine medizinischen, die werden von Interessengruppen ausgehandelt.“ (2) Sträflich wird das “Schutzgut Mensch“ von Politikern missachtet, um die Lobby der Lärmverursacher (wie Autoindustrie, Transportgewerbe, Industrie, und andere Betriebe) zufrieden zu stellen. Zielwerte des Umweltbundesamtes und der WHO (World Health Organisation) geben als Minimalziel an, dass 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts auf keinen Fall überschritten werden dürften, anzustreben seien 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts. (Vergl. 1) Autos und Flugzeuge sind zwar in den letzten Jahren leiser geworden, leider ist das Aufkommen aber deutlich gewachsen und es gibt weniger Pausen zwischen den Spitzen. (3)

Lärmbelastung am Beispiel eines Siedlungsgebietes

Beispielhaft kann dies anhand der Lärmbelastung einer kleinen Siedlung im Autobahnkreuz Leverkusen dargestellt und nachgewiesen werden. Hier sind die Lärmbelastungen wesentlich höher als offiziell ausgewiesen , weil – laut Gesetz – nicht die Gesamtbelastung des Lärms für die Einwohner „gebündelt“ betrachtet, sondern nur jede Lärmquelle für sich bewertet werden darf. Hier wirken fünf Emissionsquellen von allen Seiten auf die Anwohner ein, die die zugelassenen Werte der 16. BlmSchV/der 18. Sportanlagenlärmschutzverordnung schon jeweils einzeln überschreiten:

Der 24-Stundenpegel (Immissionen von den Autobahnen A1 und A3 und dem Autobahnkreuz Leverkusen) beträgt in diesem „allgemeinen Wohngebiet“ tags  70 – 75 dB(A) und nachts 60 – 65 dB(A) (4). Dazu kommt die Lärmbelastung durch die Bahn von 50 – 55 dB(A) (4), durch den zunehmenden Flugverkehr, Flughafen Köln (auch nachts) und Flughafen Düsseldorf, wobei hier keine Messwerte zur Verfügung stehen, die Bismarckstraße als Hauptverkehrsstraße tags 70 -75 dB(A) und nachts 60 – 65 dB(A) (4), und die BayArena, deren Immissionen bei bis zu 40 Bundesliga-, Pokal-, Freundschafts- und internationalen Spielen im Jahr z.T. bei  weit über 60 dB(A) im Schnitt liegen. Spitzenwerte (sog. Peaks, Torschrei) wurden bis zu 105 dB(A) gemessen. Spiele finden heutzutage leider nicht nur am Samstagmittag, sondern bevorzugt auch abends und am Sonntagnachmittag statt, wobei Spiele, als außerordentliche Ereignisse, 18 Mal im Jahr tagsüber bis zu 70 dB(A) und nachts (nach 22.00 Uhr) bis zu 55 dB(A) betragen dürfen (Peaks tags + 20dB(A)/nachts + 10dB(A) ). Die Emissionen der internationale Spiele und Pokalspiele werden zusätzlich als „extrem seltene Ereignisse“ im § 6 (Weltmeisterparagraf) der 18. Sportanlagenlärmschutzverordnung (18.BlmSchV) sanktioniert, so dass die Immissionen aus der BayArena- auch nachts nach 22.00 Uhr – an mehr als 10 Tagen im Jahr – nicht begrenzt sind. Bedingt durch die Höhe der BayArena und der Autobahnlärmschutzwände wird zudem der Lärm reflektiert.

 

Des Weiteren leitet das weit über die Straße überkragende in Richtung Siedlung abfallende Dach den Lärm aus der BayArena und von der Bismarckstraße direkt gegen die Häuser der Wohnsiedlung.

Die gesetzliche Regelung, dass nur einzelne Lärmquellen jeweils bewertet werden dürfen, ist absolut nicht nachvollziehbar und  kann sich daher keinem normal denkenden Menschen logisch erschließen, der sich ernsthaft mit dem Thema Lärm und seinen gesundheitlichen Folgen beschäftigt.

 

Wirkung des Lärms auf Erwachsene und Kinder

Lärm, dem Bewohner an Bundesautobahnen permanent ausgesetzt sind, kann schwere, lebensbedrohliche Krankheiten auslösen und den gesamten Organismus belasten. Allein der Straßenverkehr verursacht, laut Umweltbundesamt, 4000 Herzinfarkte im Jahr. Die Europäische Union beziffert die sozialen Kosten des Verkehrslärms durch zusätzliche Gesundheitsausgaben auf rund 40 Milliarden € pro Jahr. Die Gefahr von Herzinfarkten steigt schon bei durchschnittlichen Lärmwerten von 45 Dezibel. (2, Studie der UNI Bern) um das 2,2 fache und 10 Dezibel mehr in der Nacht erhöht das Hochdruckrisiko um 14 %. (2) Durch den nächtlichen Blutdruckanstieg werden Stresshormone – wie Adrenalin und Cortisol – frei, die Blutgefäße versteifen und es kommt zu Gefäßschäden. (2)

Besonders die Psyche des Menschen ist betroffen, es kommt zu Stimmungsstörungen wie stärkerer Gereiztheit und Depressionen. (5) Störende Geräusche, denen man sich nicht entziehen kann, führen zu Ärger, und Unzufriedenheit, zu Unwohlsein und Kopfschmerzen (Migräne), Nervosität, Kreislaufstörungen und Magen- und Darmbeschwerden. Lärm am Tag lenkt ab, schwächt die Konzentration und führt zu Depressionen. (vergl. 6) „Das Gehör ist weiterhin für unsere Kommunikation und somit für unser soziales Miteinander unerlässlich.“ (12)

„Eine weitere Gruppe, die besonders unter Lärm leidet, sind Kinder. Bei ihnen kann, neben einem empfindlichen Gehör – und zunehmender Lärmschwerhörigkeit – nicht nur die kognitive Entwicklung, sondern auch die Sprachentwicklung negativ beeinflusst werden“. (11) „Sehr genau wissen die Umweltforscher bereits auch, dass Kinder bei hoher Lärmbelastung in ihrer Entwicklung eingeschränkt werden – man könnte auch sagen, dass Lärm dumm macht. Gerade Kinder in der Grundschule erleiden Sprachstörungen und Leistungsschäden im Hirn“. (…) Da der Wortschatz von Kindern geringer ist, kann ihr Hirn die Lücken in Wort oder Satz nicht ausgleichen. (…) Kinder verstehen im Lärm nichts. Dabei ist es egal ob ein Flugzeug, ein LKW oder ein Zug die akustische Aufnahme stört“. (13) „Je stärker die Lärmbelastung, desto langsamer lernen Kinder lesen. Wächst der Dauerschallpegel um 10 Dezibel, sind die Kinder in den lärmbelasteten Schulen im Vergleich zu anderen einen Monat im Rückstand beim Lesen lernen, bei 20 Dezibel sind es sogar zwei Monate.“(7)  „Bereits eine Lärmbelastung von ab 60 Dezibel führt bei Kindern zu einem höheren Blutdruck und einem schnelleren Puls und wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus. 60 Dezibel entsprechen übrigens der Lautstärke einer Spülmaschine oder eines normalen Gesprächs“ (13)

Die obigen Ausführungen wurden durch die Norah Studie (Oktober 2015) bestätigt.

Fazit

Wir müssen die Bürger in den Städten besser schützen.

Jede Verringerung von Lärm ist ein Gewinn für das persönliche Wohlbefinden und für die Gesundheit“, sagte Nordrhein- Westfalens Umweltminister Johannes Remmel.“ (14)

Undankbares Thema, winkt ein Mitarbeiter des Düsseldorfer Umweltministeriums ab. Er möchte namentlich nicht genannt werden. Wer will schon so vielen Menschen sagen, dass für ihr Problem kein Geld da ist?“  (15)

In  Leverkusen bietet sich im Rahmen des geplanten Ausbaus der Autobahnen und des Kreuzes die einmalige Gelegenheit umweltgerecht, verantwortungsvoll und gesundheitsfördernd planen und handeln zu können. Es ist an der Zeit diese Chance wahrzunehmen  um die Gesundheit der Bürger dieser Stadt endlich besser zu schützen.

Jede andere Entscheidung wird gegen den Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes verstoßen:

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.           

 

Zusammengestellt von Gisela Kronenberg (März 2015)

 

Literaturliste:

  1. Straßenverkehrslärm Arbeitsring der Deutschen Gesellschaft für   Akustik (Degra)
  2. Schrei nach Stille , Spiegel 40/2013
  3. Stress durch Lärm 27.04.2014, Spiegel online 
  4. MKULNV Umgebungslärmportal NRW
  5. Allgegenwärtiger Krach …23.08.2014, www.focus.de  Wenn Lärm krank macht, www.kindergesundheit-info.de
  6. Lärmschutz 04.11.2014, www.bild.deratgeber/gesundheit
  7. Wenn Lärm krank machen kann, www.brigitte.de/gesund/gesundheit
  8. Lärmsorgen, www.laerm.de
  9. Lärm, das unterschätze Problem 12.03.2015, www.faz.net/aktuell
  10. Warum tun wir uns das an? 12.03.2015, www.faz.net
  11. Lärm macht krank, www.gesundheit.demedizin
  12. Lärm lockt stille Krankheiten, www.taz.de/87020
  13. Ab 60 Dezibel wird es kritisch, www.Spiel und Zukunft
  14. Lärm macht krank, www.aerzteblatt.de/nachrichten
  15. Wenn Straßenlärm krank macht, www.rp-online.de